Der Antragsteller meldete unter dem 2. März 2001 bei der Versammlungsbehörde für den 24. März 2001 eine Kundgebung mit Aufzug unter dem Thema „Gegen die Kriminalisierung nationaler Deutscher und Niederländer – Gemeinsamer Protestmarsch -“ an. Nach einer Auftaktkundgebung in Herzogenrath sollte der Aufzug auf niederländischem Gebiet weitergeführt werden und in die Stadt Kerkrade führen. Anschließend sollte sich der Aufzug zurück nach Herzogenrath bewegen, wo auch die Abschlusskundgebung stattfinden sollte. Als aktuellen Bezug für den Aufzug nannte der Antragsteller Wahlkampfbehinderung in Kerkrade und im Raum Aachen. Er führte an, als Hilfsmittel der Versammlung Landsknechtstrommeln, schwarze Fahnen, Transparente, Trageschilder, bis zu sechs Handlautsprecher sowie einen Lautsprecherwagen benutzen zu wollen.
Mit Bescheid vom 12. März 2001 sprach die Versammlungsbehörde gemäß § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes (VersG) unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ein Verbot dieser Veranstaltung aus. Zur Begründung machte sie geltend, die von ihr angestellte Gefahrenprognose ergebe, dass bei Durchführung der angemeldeten Veranstaltung die öffentliche Sicherheit und die öffentliche Ordnung unmittelbar gefährdet wären.
Die jüngste Vergangenheit habe gezeigt, dass es bei der Durchführung von Versammlungen der rechten Szene immer wieder zu Straftaten gemäß den §§ 86 a, 126, 130 StGB, § 3 in Verbindung mit § 28 VersG sowie zu Körperverletzungsdelikten komme. Der Antragsteller sei bei mehreren Versammlungen, in denen es zu solchen Delikten gekommen sei, als Ordner aufgetreten. Darüber hinaus sei der Antragsteller selbst mehrfach polizeilich und strafrechtlich – unter anderem wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot – in Erscheinung getreten.
Darüber hinaus verstoße die geplante Veranstaltung gegen die öffentliche Ordnung. Die Art und Weise der geplanten Versammlung sei in höchstem Maße symbolträchtig. Ein Aufzug von Herzogenrath aus auf holländisches Staatsgebiet werde viele Bürger im grenznahen Bereich an den Einmarsch der Deutschen Wehrmacht im Jahr 1940 erinnern. Dass mit schwarzen Fahnen (der Leibfarbe der SS) aufmarschiert werden solle, lasse nur den Schluss zu, dass der Aufmarsch einer Verherrlichung des Nationalsozialismus dienen solle.
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Den Antrag auf Zulassung der Beschwerde gegen diesen Beschluss lehnte das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 23. März 2001 ab. Von der beantragten Versammlung des Antragstellers gehe eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung aus; die erlassene Verbotsverfügung sei gerechtfertigt.
Eine Ideologie, die auf Rassismus, Kollektivismus und dem Prinzip von Führung und unbedingtem Gehorsam aufbaue, lasse sich unter dem Grundgesetz nicht – auch nicht mit den Mitteln des Demonstrationsrechts – legitimieren. Durch Art. 79 Abs. 3 GG und das in Art. 20 Abs. 4 GG fixierte Widerstandsrecht sei einer wie auch immer gearteten Durchsetzung solchen Gedankenguts im demokratischen, der Menschenwürde und dem Friedensgebot verpflichteten Rechtsstaat des Grundgesetzes verfassungsrechtlich auf Dauer der Boden entzogen. Diesen verfassungsimmanenten Beschränkungen demonstrativer Äußerungen nazistischer Meinungsinhalte müsse daher bei der Auslegung des Grundrechts der Demonstrationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 GG und der dortigen Grundrechtsschranken von Verfassungs wegen Rechnung getragen werden.
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Dies gilt in tatsächlicher Hinsicht zunächst für die Prognose der Versammlungsbehörde, im Rahmen der Versammlung werde es zu Straftaten unter anderem gemäß §§ 86 a, 126, 130 StGB sowie zu Körperverletzungsdelikten und damit zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit gemäß § 15 Abs. 1 VersG kommen. Soweit in der behördlichen Untersagungsverfügung in allgemeiner Form darauf hingewiesen wird, bei der Durchführung von Versammlungen der rechten Szene komme es, wie die Erfahrung zeige, immer wieder zu solchen Straftaten, mangelt es an einem hinreichend konkreten Bezug zu der von dem Antragsteller geplanten Veranstaltung. Darüber hinaus kann auch aus dem Umstand, dass es im Rahmen von Demonstrationen, bei denen der Antragsteller die Funktion eines Ordners wahrgenommen hat, zu Straftaten gekommen ist, nicht automatisch auf Gleiches in dieser Versammlung geschlossen werden. Ein einzelner Ordner kann regelmäßig nicht derart auf eine Versammlung einwirken, dass ihm zuzurechnen ist, wenn Straftaten begangen werden. Eine rund sechs Jahre zurückliegende Verurteilung des Antragstellers wegen eines Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot ist als Grundlage für die Prognose von Straftaten ebenfalls nicht hinreichend.
An tragfähigen tatsächlichen Anhaltspunkten fehlt es auch insoweit, als dem Antragsteller vorgeworfen wird, er beabsichtige, nicht die angemeldete Versammlung, sondern eine Versammlung anderen Inhalts durchzuführen, die der Verherrlichung des Nationalsozialismus diene. Der Antragsteller bestreitet, neonazistisches Gedankengut zu vertreten, bestätigt aber, in der NVU, einer weit rechts stehenden Organisation, Mitglied zu sein, bei der es sich aber keinesfalls um eine neofaschistische oder dem Nationalsozialismus anhängende Organisation handele. Für die Folgenbeurteilung ist entscheidend, ob nachvollziehbare Anhaltspunkte für eine Täuschung über den geplanten Inhalt bestehen. Bei der Beurteilung des Inhalts und Gegenstandes einer Versammlung ist zunächst vom Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters über Art und Inhalt der Versammlung auszugehen (vgl. BVerfGE 69, 315 <343>). Die Angaben des Veranstalters scheiden als Grundlage für die von der Behörde vorzunehmende Gefahrenprognose allerdings aus, wenn tatsächliche Anhaltspunkte – etwa der Hinweis auf frühere Täuschungen des Antragstellers (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. August 2000 – 1 BvQ 23/00 -) – darauf hindeuten, dass der Veranstalter in Wahrheit eine Versammlung anderen Inhalts plant, die eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bewirkt. Die Beweislast für die Tarnung eines das Verbot rechtfertigenden Inhalts und damit eine täuschende Anmeldung liegt bei der Verwaltung. Dies verkennt das Verwaltungsgericht, wenn es beanstandet, dass ein Zusammenhang der geplanten Demonstration mit dem Kommunalwahlkampf nur schwer nachzuvollziehen sei, und den Hinweis des Antragstellers auf Wahlkampfbehinderungen durch eine Festnahme am 3. Februar 2001 als unbeachtlich wertet. Der Sache nach läuft die Argumentation des Verwaltungsgerichts auf die Begründung einer mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht zu vereinbarenden Obliegenheit eines Veranstalters hinaus, sich von gegen ihn ohne besonderen Anhaltspunkt erhobenen Vorwürfen zu entlasten.