BVerfG, Beschluss vom 24.03.2001, 1 BvQ 13/01

Der Antragsteller meldete unter dem 2. März 2001 bei der Versammlungsbehörde für den 24. März 2001 eine Kundgebung mit Aufzug unter dem Thema „Gegen die Kriminalisierung nationaler Deutscher und Niederländer – Gemeinsamer Protestmarsch -“ an. Nach einer Auftaktkundgebung in Herzogenrath sollte der Aufzug auf niederländischem Gebiet weitergeführt werden und in die Stadt Kerkrade führen. Anschließend sollte sich der Aufzug zurück nach Herzogenrath bewegen, wo auch die Abschlusskundgebung stattfinden sollte. Als aktuellen Bezug für den Aufzug nannte der Antragsteller Wahlkampfbehinderung in Kerkrade und im Raum Aachen. Er führte an, als Hilfsmittel der Versammlung Landsknechtstrommeln, schwarze Fahnen, Transparente, Trageschilder, bis zu sechs Handlautsprecher sowie einen Lautsprecherwagen benutzen zu wollen.

Mit Bescheid vom 12. März 2001 sprach die Versammlungsbehörde gemäß § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes (VersG) unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ein Verbot dieser Veranstaltung aus. Zur Begründung machte sie geltend, die von ihr angestellte Gefahrenprognose ergebe, dass bei Durchführung der angemeldeten Veranstaltung die öffentliche Sicherheit und die öffentliche Ordnung unmittelbar gefährdet wären.

Die jüngste Vergangenheit habe gezeigt, dass es bei der Durchführung von Versammlungen der rechten Szene immer wieder zu Straftaten gemäß den §§ 86 a, 126, 130 StGB, § 3 in Verbindung mit § 28 VersG sowie zu Körperverletzungsdelikten komme. Der Antragsteller sei bei mehreren Versammlungen, in denen es zu solchen Delikten gekommen sei, als Ordner aufgetreten. Darüber hinaus sei der Antragsteller selbst mehrfach polizeilich und strafrechtlich – unter anderem wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot – in Erscheinung getreten.

„BVerfG, Beschluss vom 24.03.2001, 1 BvQ 13/01“ weiterlesen

BVerfG, Beschluss vom 26.06.2014, 1 BvR 2135/09

Der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit ist eröffnet. Die Beschwerdeführerin war unstreitig Teilnehmerin einer auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Kundgebung und damit einer Versammlung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 104, 92 <104>). Vom Schutzbereich der Versammlungsfreiheit grundsätzlich umfasst war damit auch die Verwendung von Lautsprechern oder Megaphonen als Hilfsmittel (vgl. BVerfGK 11, 102 <108>). Die als bußgeldbewehrt erachteten Lautsprecherdurchsagen standen auch inhaltlich in hinreichendem Zusammenhang mit der durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützten Durchführung der Versammlung. Mögen sie auch keinen spezifischen Bezug zum Versammlungsthema aufgewiesen haben und nicht auf die Einhaltung der Ordnung gerichtet gewesen sein, so gaben sie jedenfalls das versammlungsbezogene Anliegen kund, dass sich in dem auf den Willensbildungsprozess gerichteten Aufzug selbst nur solche Personen befinden sollen, die am Willensbildungsprozess auch teilnehmen, nicht aber auch am Meinungsbildungsprozess unbeteiligte Polizisten, die als solche nicht erkennbar sind. In ihrer idealtypischen Ausformung sind Demonstrationen die körperliche Sichtbarmachung von gemeinsamen Überzeugungen (vgl. BVerfGE 69, 315 <345>). Wer an einer solchen Versammlung teilnimmt, ist grundsätzlich auch dazu berechtigt, während der Versammlung dafür einzutreten, dass nur die das Anliegen der Versammlung unterstützenden Personen an ihr teilnehmen und Polizisten sich außerhalb des Aufzugs bewegen. Insoweit ist die entsprechende Lautsprecheraussage nicht – wie das Amtsgericht annimmt – dem Schutzbereich der Versammlungsfreiheit entzogen.

Durch die Sanktionierung der Lautsprecherdurchsagen mit einem Bußgeld greift die amtsgerichtliche Entscheidung in diesen Schutzbereich ein. Dieser Eingriff ist auf der Grundlage der gerichtlichen Feststellungen nicht gerechtfertigt.